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Klinkerfassade mit Glas kombiniert

Neubau eines Museums in Lisse
Der Schwerkraft trotzend

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Am Rande des berühmten niederländischen Tulpenparks „De Keukenhof“ ist im letzten Winter das Lisse Art Museum (LAM) eröffnet worden. Ausgehend von der besonderen Topographie entwickelte das Büro KVDK Architecten einen markanten Bau mit Klinkerfassade, der scheinbar schwebend über dem offenen Foyer mit seiner rahmenlosen Glasfinnen-Fassade vorkragt.

Anforderung:

In historische Parkanlage Museumsneubau mit markanter Fassade integrieren.

Lösung:

Backsteinfassade mit handwerklichem Klinker im wilden Verband. Rahmenlose Glasfinnen-Fassade für Transparenz.


Robert Uhde

Der 1860 als Englischer Landschaftsgarten angelegte, 1949 für eine nationale Blumenschau umgestaltete und seit 1959 dauerhaft öffentlich zugängliche Blumenpark „Keukenhof“ zählt zu den bekanntesten touristischen Attraktionen der Niederlande. Zuletzt kamen rund 1,4 Millionen Besucher jährlich, um das im Ort Lisse auf halber Strecke zwischen den beiden Städten Leiden und Haarlem gelegene Tulpenparadies zu bestaunen. Im Übergang zwischen dem Park und dem historischen Landgut von Schloss Keukenhof (1638) wurde Ende 2018 das Lisse Art Museum (LAM) eröffnet.

Der Bau mit Klinkerfassade zeigt auf einer Bruttogeschossfläche von 2 140 m² Gemälde, Skulpturen, Fotografien, Installationen und Videos aus unterschiedlichen Epochen. Auf Wunsch des Bauherrn, der Familienstiftung einer niederländischen Supermarktkette, drehen sich sämtliche Kunstwerke dabei ganz explizit um die Themen Nahrung und Konsum.

Kontrastreich: Klinkerfassade und Glas

Mit der Umsetzung des ungewöhnlichen Projektes war 2014 das Büro KVDK Architecten aus dem nahe gelegenen Noordwijk ausgewählt worden. Ausgehend von der Lage des Grundstückes am Rande einer historischen Deichanlage entwickelten die Planer ein markantes Ensemble aus zwei parallel gestellten, dabei aber deutlich versetzt angeordneten Baukörpern aus Stahlbeton, die nach außen hin durch eine markante Klinkerfassade eingefasst sind.

Der spitzwinklig nach Osten auslaufende Riegel integriert einen arkadenartig gestalteten, auch außerhalb der Öffnungszeiten des Museums begehbaren und in Teilen mit Naturstein umsäumten Durchgang. Das andere Volumen stößt in Richtung Westen kraftvoll aus der Anhöhe des Deichs heraus, um aufgeständert auf vier mächtigen Stahlbetonstützen über dem doppelgeschossig ausgeführten gläsernen Foyer im Erdgeschoss vorzukragen. Die offene Architektur und der markante, der Schwerkraft scheinbar trotzende Kontrast von Klinker und Glas sorgen dabei für einen einladenden, während der Dämmerung durch eine Punktbeleuchtung zusätzlich in Szene gesetzten Empfang.

Rahmenlose Glasfinnen-Fassade

Um eine maximale Transparenz und eine optimierte Einbindung in die umgebende Landschaft zu erhalten, wurde die gesamte Eingangsfront als rahmenlose Glasfinnen-Fassade ohne weitere Profile aus Aluminium oder Holz ausgebildet: „Die ungewöhnliche Konstruktion haben wir in Kooperation mit dem Fassadenbauer IFS Building Systems aus Waddinxveen entwickelt“, berichtet Architekt Arie Korbee. „Sie setzt sich zusammen aus 1,20 m breiten und bis zu 6,60 m hohen, jeweils vierlagig verleimten und bis zu 750 kg schweren Elementen aus Isolierglas, die innenseitig durch 30 cm breite und ebenfalls bis zu 6,60 m hohe Trägerelemente aus Verbundsicherheitsglas ausgesteift werden.“ Für eine maximale Durchsicht kam dabei eisenarmes Glas zum Einsatz.

Einen zusätzlichen Bezug zur umgebenden Landschaft schaffen die präzise in die Klinkerfassade geschnittenen Fenster, die in sämtlichen Bereichen des Museums eine fließende Verbindung zwischen innen und außen ermöglichen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der großen, in Richtung Südwesten über Eck verlaufenden Öffnung oberhalb des Foyers zu: Sie bietet den Besuchern eine freie Sicht auf das historische Schloss Keukenhof.

Hochwertige Klinkerfassade

Neben der Glasfassade stand vor allem die hochwertig ausgeführte Klinkerfassade mit handgefertigten Klinkern „Kolumbus“ von Petersen Tegl im Zentrum der Überlegungen: „Aufgrund der Nähe zum historischen Schloss Keukenhof stand die Verwendung von Keramikklinkern für die Fassade von vorn herein fest“, berichtet Arie Korbee. „Auf Basis verschiedener Bemusterungen haben wir uns schließlich für einen handgefertigten rötlich-braunen Stein in einem extrem schlanken Lang-Dünnformat entschieden, der kraftvoll die dynamische Modernität des Gebäudes unterstreicht.“

Zusätzlichen Charakter erhält die Backsteinfassade durch die Ausbildung der Steine im Wilden Verband mit unregelmäßig wechselnden Bindern und Läufern sowie durch die Wahl einer dunklen Fugenfarbe. Als handwerklich anspruchsvoll gestaltete sich dabei insbesondere die Ausbildung der verschiedenen Lamellenflächen sowie einer halbtransparent als Lochblendfassade umgesetzten Fläche. Sämtliche Mauerwerksabschnitte werden außerdem durch vertikal gemauerte Rollschichten eingerahmt. Im OG des Museums wurden die Klinker zusätzlich als Fertigteilelemente für die Deckenuntersichten eingesetzt. Im Zusammenspiel ist eine abwechslungsreich untergliederte Gestaltung mit fließendem Übergang zwischen innen und außen entstanden, die auf den ersten Blick den wertigen Charakter der Architektur betont.

„Promenade Architecturale“

Ähnlich abwechslungsreich haben die Architekten auch das Innere des Neubaus entwickelt. Im Foyer-Bereich sorgen neben der raumhohen Verglasung auch die baumartig nach oben sich verjüngenden Stahlbetonstützen sowie die Fortführung der im Außenbereich umgesetzten Pflasterung für einen nahtlosen Übergang zum Außenraum.

Direkt anschließend führt eine abwechslungsreich gestaltete, von zwei Holztreppen eingefasste „Promenade Architecturale“ die Besucher durch die verschiedenen Bereiche des Museums: „Gleich zu Beginn haben sie dabei zunächst das Gefühl, in einen Stollen einzutauchen“, beschreibt Projektarchitekt Arie Korbee den Eindruck. Über eine der beiden Treppen am höchsten Punkt des Gebäudes angelangt, schließt dann eine Folge von flexibel nutzbaren und verschieden großen Ausstellungsräumen mit unterschiedlichen Deckenhöhen an.

Höhepunkt der abwechslungsreich gestalteten Museumsroute ist der zweigeschossige Raum oberhalb des Eingangsbereiches, der durch das große Eckfenster sowie durch zwei große, zu beiden Seiten des Fensters angrenzende Lamellenflächen geprägt wird. Überrascht sind die Besucher aber nicht nur über die Architektur, sondern auch über die ausgestellten Kunstwerke.

Denn neben klassischen Stilleben finden sich auch so ungewöhnliche Arbeiten wie die Installationen „The Last Supper“ von Yinka Shonibare, das „Food chain project“ von Itamar Gilboa oder „De reuze bonbons“ von Peter Anton. Der Neubau überzeugt also nicht nur architektonisch, sondern bietet auch auf künstlerisch-kulinarischer Ebene höchsten Genuss.


Projekt: Museum LAM

Standort: Keukenhof 14, 2161 AN Lisse (NL)

Bauherr: VandenBroek Foundation, Sasenheim (NL)

Planung: KVDK Architecten, Noordwijk (NL)
www.kvdkarchitecten.nl

Bauunternehmen: IBB Kondor b.v. (NL)

Bruttogeschossfläche: 2 140 m2

Fertigstellung: November 2018


Projektarchitekt Arie Korbee: „Aufgrund der Nähe zum historischen Schloss Keukenhof stand die Verwendung von Keramikklinkern für die Fassade von vorn herein fest.“


Projektarchitekt Arie Korbee: „Die unterschiedlich großen Öffnungen sorgen (…) in sämtlichen Bereichen für ausreichend Tageslicht und für eine direkte Verbindung zum grünen Umraum.“


Charakter erhält die Backsteinfassade auch durch die Ausbildung der Steine im Wilden Verband mit unregelmäßig wechselnden Bindern und Läufern sowie durch die Wahl einer dunklen Fugenfarbe.


Sonderlösung

Die rahmenlose Glasfinnen-Fassade besteht aus 1,20 m breiten und bis zu 6,60 m hohen, je vierlagig verleimten und bis zu 750 kg schweren Elementen aus Isolierglas, innenseitig ausgesteift durch 30 cm breite und ebenfalls bis zu 6,60 m hohe Trägerelemente aus Verbundsicherheitsglas.


Robert Uhde

Studium der Kunst und Germanistik in Oldenburg. Erstes Staatsexamen. Ausbildung zum Fachredakteur für Architektur bei der Verlagsgruppe Rudolf Müller in Köln. Seit 1997 freier Autor für Fachzeitschriften und Tageszeitungen. Eigenes Büro in Oldenburg.
www.robert-uhde.de


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